Die fremde Königin by Rebecca Gablé

Die fremde Königin by Rebecca Gablé

Autor:Rebecca Gablé [Rebecca Gablé]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2017-03-09T14:00:02+00:00


Lechfeld, August 955

Der Tag des heiligen Laurentius brach drückend und wolkenlos an. Die Luft war über Nacht kaum abgekühlt, und sobald die Sonne über den Horizont kletterte, fing sie schon an zu brennen.

»Hier, Herr«, Mirogod streckte Gaidemar eine bräunliche Knolle mit feinem Wurzelhaar hin. »Steck dir das an den Gürtel.«

»Was hast du hier noch verloren?«, schalt Gaidemar. »Ich habe dir gesagt, du sollst nach hinten zum Tross reiten.«

»Ich verschwinde gleich. Aber erst nimm das.«

»Was ist es?«, fragte Gaidemar, nahm die Knolle in die behandschuhte Linke und schnupperte argwöhnisch daran. Der Geruch war scharf, aber nicht unangenehm.

»Allermannsharnisch«, belehrte sein Bursche ihn. »Er schützt einen Krieger besser als jeder Kettenpanzer.«

»Behauptet wer?«

»Ich«, antwortete der Junge selbstbewusst. »Es ist eine berühmte Zauberpflanze, jeder Slawe kennt sie.«

»Ah ja? Wie kommt es dann, dass die Slawen ihre Schlachten gegen uns andauernd verlieren?«

»Weil Allermannsharnisch schwer zu kriegen ist, nehm ich an. Er wächst in den Bergen.«

Gaidemar ging ein Licht auf. »Und die bayrischen Soldaten aus den Bergen haben zufällig einen Vorrat davon mitgebracht und betreiben schwunghaften Handel damit?«

Der Junge zuckte die mageren Schultern. »Natürlich.«

Gaidemar brummte missfällig. »Hoffentlich haben sie das gestern Abend bei der Beichte nicht vergessen.« Aber er steckte die haarige Knolle unter seinen Schwertgürtel, weil er sah, dass dem Jungen wirklich daran lag. Dann scheuchte er ihn weg. »Und jetzt ab mit dir, Bengel.«

»Hast du auch alles? Ich könnte noch schnell …«

Gaidemar hob abwehrend die Hand. »Es ist alles bereit, du hast nichts vergessen. Nun geh mit Gott, Miro.«

Der Junge senkte den Kopf, bohrte verlegen die Schuhspitze in die staubige Erde und nickte. Zu Ostern hatte er die Taufe empfangen, und Gaidemar ertappte sich dabei, dass der Gedanke ihn beruhigte, denn auch die Knaben, Priester, Marketender und Huren im Tross waren nicht sicher, wenn die Schlacht verloren ging.

Doch er war skeptisch, ob der wahre Glaube wirklich in Mirogods Herz verwurzelt war, und als wolle der Junge seinen Argwohn bestätigen, murmelte er: »Mögen Jesus Christus und alle alten Götter mit dir sein und dich behüten.« Damit wandte er sich ab, sprang behände in Darkos Sattel und galoppierte ans hintere Ende der königlichen Armee.

Der Tross war verhüllt vom unvermeidlichen Staub, der im Licht der aufgehenden Sonne blutrot schimmerte.

Die königlichen Legionen brachten es auf ungefähr neuntausend Mann, hatte Hardwin Gaidemar in der Nacht zuvor anvertraut, als sie sich nach der Beichte und der allgemeinen Friedenszeremonie auf einen Becher in Hardwins Zelt getroffen hatten. Niemand wusste genau, wie viele der grausamen Reiter das feindliche Heer zählte, aber ihre Scharen waren schier unermesslich, hatten die königlichen Späher bestätigt, die im Schutz der Dunkelheit das ungarische Feldlager südlich von Augsburg ausgekundschaftet hatten. Kurz vor Tagesanbruch war Dietpald von Dillingen, Bischof Ulrichs Bruder, mit ein paar hundert Männern aus der Stadt zu den königlichen Truppen gestoßen und hatte berichtet, dass die Ungarn ihr Lager verlassen hatten und zum Lechfeld ritten.

Dorthin hatte auch König Otto seine Armee in Marsch gesetzt. Die aufgehende Sonne im Gesicht, zogen sie durch schwieriges und unwegsames Gelände, auf beiden Seiten von Gebüsch und Baumgruppen geschützt.

»Warum marschieren wir so



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